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Prokrastination im Studium: Vom Aufschieben zum Handeln

Nov. 16, 2023

Lesezeit: 6 Min. + Übung

Wer hat nicht schon einmal etwas aufgeschoben? Du hast wahrscheinlich auch schon mit wichtigen Dingen bis zur letzten Sekunde gewartet. Wir alle haben unsere Aufgabenliste und oft ist die Liste übervoll. Es geht gar nicht anders, als dass Prioritäten gesetzt werden müssen. Was ist gerade wichtig und was ist noch wichtiger und was kann warten? Regelmäßig entscheidende Aufgaben aufzuschieben und auch unter hohem Druck bis zuletzt immer wieder zu verschieben stellt in allen Bereichen des Lebens und natürlich erst recht im Studium ein ernsthaftes Problem dar. Was steckt hinter dieser Prokrastination und wie kann sie überwunden werden? Darum geht es in diesem Beitrag.

Abbrechen oder gar nicht erst anfangen

Prokrastination ist das zwanghafte Verschieben und Abbrechen wichtiger Aufgaben und Prozesse mit der Folge persönlicher und sozialer Nachteile. Sie stellt den Gegenpol dar zur Präkrastination, wobei alles unabhängig von der Dringlichkeit immer sofort erledigt werden muss. Beide Phänomene sind Symptome für ganz verschiedene Probleme, die den Betroffenen meistens nicht bewusst sind. Es handelt sich nicht um Krankheiten.

Studienverzögerung in Aktion: Alltagsdramen und Deadline-Tänze

Es ist nicht nur ein weit verbreiteter Witz unter Studierenden, sondern für manche schmerzliche Realität: Der Abgabetermin für die Hausarbeit rückt immer näher und es steht noch keine einzige Zeile im Word-Dokument. Bis hierhin hieß es immer, es sei ja noch viel Zeit, aber inzwischen wird es richtig eng. Der Stresspegel steigt immer weiter und trotzdem gelingt es dir nicht, dich aufzuraffen. Es werden stattdessen immer neue Dinge ins Blickfeld gerückt, die anstelle der wirklich wichtigen Aufgabe zu erledigen sind.


Etwas Wichtiges wegen etwas gerade noch Wichtigerem zu vertagen ist normal. Am Ende wird alles zu seiner Zeit erledigt. Einige Studierende schieben ihre Aufgaben eine Weile vor sich her, bis der Zeitdruck immer größer wird und erledigen sie dann doch irgendwann noch rechtzeitig. Andere finden immer wieder irgendetwas Anderes und kümmern sich trotz immer weiter ansteigenden Termindrucks um immer neue Dinge, von denen dann aber nichts zu Ende gebracht wird. Dann häufen sich die unerledigten Aufgaben zu einem unüberschaubaren Berg. Die Folgen sind Chaos und Frustration, vergeudete Zeit und Kosten.

Die Psyche der Aufschieber*innen: Hintergründe und Motive der Prokrastination

Die Entscheidung etwas zu verschieben ist meistens sehr schnell getroffen, fast wie ein Reflex oder ein Automatismus: "So, jetzt schlage ich das Skript auf und lerne" - "ach ich wollte ja noch der Freundin antworten oder die Wäsche machen oder den Müll raus bringen". Manchmal vergeht auch etwas mehr Zeit und eine Tätigkeit wird tatsächlich erst einmal begonnen. Schnell befällt die Betroffenen aber ein ungutes Gefühl und ganz andere Dinge kommen einem in den Sinn.



Die möglichen Gründe für dieses Verhalten sind vielfältig und individuell verschieden. Dem einen fehlt es an Ordnung und Struktur. Andere streben Perfektion an und kommen deshalb nicht ins Tun, da nichts ihren Ansprüchen genügt. Wieder andere haben eine Angst vor irgendetwas entwickelt, wobei dieses Etwas ihnen meist gar nicht bewusst ist. Anderen ist es nur schwer möglich, für ihr Handeln und dessen Ergebnisse Verantwortung zu übernehmen und trauen sich deshalb nicht eine Aufgabe zu Ende zu bringen.

Von Prokrastination zu Produktivität

Wie viele andere Verhaltensweisen ist die Prokrastination irgendwann erlernt worden. Meistens ist kein einzelnes Ereignis verantwortlich, sondern ein Prozess über einen längeren Zeitraum. Die auslösenden Ursachen sind meistens nicht mehr erinnerlich. Es kann sich ein Gefühl von Hilflosigkeit einstellen, das Verhalten könnte als Teil der Persönlichkeit wahrgenommen werden („ich bin so“) oder es kommt zum Gefühl der Fremdbestimmung („ich kann mich nicht dagegen wehren“). In ausgeprägten Fällen ist professionelle Hilfe unverzichtbar.

Regisseur im Chaos: Das Feilen am eigenen Verhalten bei Prokrastination

Leidest du unter Prokrastination? Dann kannst du  einmal damit beginnen, dein Verhalten zu hinterfragen. Dabei ist das „Warum“ erstmal völlig nebensächlich, weil es ohnehin nicht zugängig ist. Es geht vielmehr um den genauen Ablauf, so detailliert wie irgendwie möglich:


Was genau tust du, wenn du vor einer wichtigen Aufgabe stehst und sie aufschiebst?


Wann genau setzt der Impuls ein, der dich blockiert?


Was passiert unmittelbar davor?


Welche Gedanken gehen dir durch den Kopf, wenn du dich entscheidest, eine Aufgabe zu verschieben?


Welche physischen Empfindungen spürst du, wenn du prokrastinierst? (z. B. Anspannung, Unruhe, Erschöpfung)


Welche Ablenkungen ziehen dich am meisten an, wenn du prokrastinierst? (z. B. soziale Medien, Fernsehen, Aufräumen)


Wie versuchst du dich selbst zu überreden, dass du später mit der Aufgabe beginnen wirst?


Welche inneren Konflikte oder Widerstände empfindest du, wenn du gegen die Prokrastination ankämpfst?


Wie fühlt sich die unmittelbare Befriedigung des Prokrastinierens im Vergleich zur langfristigen Belohnung an, die du durch die Erledigung der Aufgabe erhalten würdest?


Welche negativen Emotionen entstehen, wenn du erkennst, dass du erneut prokrastiniert hast?


Diese Fragen sollen dir dabei helfen, die spezifischen Verhaltensmuster und emotionalen Reaktionen während des Prokrastinierens genauer zu analysieren und ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln. Es ist essenziell, dass du dein Verhalten und deine Reaktion ganz genau unter die Lupe nimmst:


Tu so als liefe dein Verhalten wie ein Video ab und du wärst die Cutterin oder der Cutter, die/der Bild für Bild den Clip am Monitor verfolgt. Lass die Bilder vorwärts und rückwärts laufen und beobachte akribisch genau, was du wann tust. Schreibe die Ergebnisse auf wie in einem Drehbuch. Danach weißt du, wie du tust, was du tust und kannst dich um das „Warum“ kümmern:


Welche Ziele oder Aufgaben versuchst du zu erreichen, wenn du dich selbst davon überzeugst, später mit der Arbeit zu beginnen?


Welche negativen Folgen versuchst du zu vermeiden, indem du prokrastinierst?


Wie würdest du dein Selbstbild beschreiben, wenn du dich selbst im Prokrastinationsmodus beobachtest?



Gibt es tieferliegende Ängste oder Unsicherheiten, die mit deinem Prokrastinationsverhalten zusammenhängen könnten?


Was du im Einzelnen herausfindest, entscheidet über das weitere Vorgehen.

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Über die Autorin

Hallo, ich bin Alba, die Autorin dieses Blogs. Als leidenschaftliche Studentin habe ich die Höhen und Tiefen des Studiums selbst erlebt und dabei kreative Wege gefunden, um verschiedene Herausforderungen zu meistern, sei es Prüfungsstress, Lernblockaden, Zeitmanagement oder andere knifflige Situationen im Studentenleben.


Auf meinem Instagram-Account the_art_of_online_study teile ich regelmäßig bewährte und kreative Methoden, inspirierende Strategien und hilfreiche Tipps, die dir in jeder Studiensituation weiterhelfen können. In diesem Blog gehen wir intensiver auf die konkrete Anwendung dieser Methoden ein.


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